Wien (energate) - Die Arbeiterkammer (AK) lehnt das von der EU-Kommission geplante Emissionshandelssystem für die Bereiche Gebäude und Verkehr (ETS 2) ab. Sie plädiert stattdessen für die Besteuerung von CO2-Emissionen auf staatlicher Ebene und die Rückverteilung des Steueraufkommens pro Kopf im Rahmen eines "Ökobonus", erklärte Christoph Streissler von der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien bei einer Online-Veranstaltung. Unternehmen, die aufgrund des ETS 2 mit höheren Preisen konfrontiert seien, würden die Kosten in weiterer Folge auf die Konsumenten abwälzen, so die Befürchtung der AK. Die dadurch zu erwartenden hohen Preisausschläge seien für viele Haushalte nicht zu finanzieren.
So würde die EU-Kommission in ihren derzeitigen Prognosen von einem CO2-Preis von unter 50 Euro pro Tonne ausgehen. Im bereits bestehende Emissionshandelssystem für den Energiesektor und die energieintensive Industrie (ETS 1) liege der CO2-Preis pro Tonne jedoch bereits bei circa 90 Euro, so Streissler. Es sei anzunehmen, dass die Preise für Treibstoffe und im Bereich der Raumwärme auf einem ähnlich hohen Niveau liegen werden. Zudem sei durch die höheren Preise im Verhältnis nur ein geringerer Rückgang des Verbrauchs und damit der Treibhausgasemissionen zu erwarten. Um soziale Verwerfungen durch die Preisanstiege zu verhindern, seien Maßnahmen auf nationalstaatlicher Ebene notwendig, so der AK Experte.
Alternative Finanzierung des Klima-Sozialfonds
Erwartungsgemäß sieht die AK auch die Finanzierung des EU-Klima-Sozialfonds aus den Erlösen des ETS 2 problematisch. Der Fonds, der im Zeitraum von 2026 bis 2032 mit circa 72 Mrd. Euro dotiert sein soll, dient der Finanzierung von Maßnahmen, um die Auswirkungen auf energiearme Haushalte abzumildern. Zwar begrüßt die AK die Schaffung eines solchen Fonds, wünscht sich aber die Entkoppelung des Finanzierungsinstruments vom Emissionshandelssystem.
Alternativ könne sich die Arbeitnehmervertretung eine Finanzierung des Fonds in gleicher Höhe durch die einzelnen Nationalstaaten vorstellen. Insgesamt äußert die AK die Befürchtung, dass das von der EU vorgestellte Programm zum Green Deal das erhoffte Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum nicht liefern werde. Dies sei im Sinne der Klima- und Umweltschutzziele auch nicht erforderlich, solange das gesamte System sozial gerecht gestaltet sei und die Leistungen fair verteilt werden, so der AK-Experte abschließend.
ETS soll Nationalstaaten unterstützen
Stefanie Hiesinger, Mitglied im Kabinett des für den Green Deal zuständigen EU-Kommissionsvizepräsidenten Frans Timmermans (SPE) entgegnete der vorgebrachten Kritik am ETS 2, dass die Erfahrung der vergangenen Jahre gezeigt habe, dass die nationalstaatlichen Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen in den genannten Sektoren nicht ausreichend gewesen sind. Sie ist der Meinung, dass ohne ein Emissionshandelssystem im Bereich Gebäude und Verkehr die Erreichung der klima- und umweltpolitischen Ziele nicht möglich sei. Das ETS 2 solle dabei als Unterstützung für die nationalstaatlichen Zielsetzungen dienen. Auch die mit dem System verbundenen Preissteigerungen von unter anderem Treibstoffen verteidigt Hiesinger.
Es brauche ein stärkeres Preissignal, um die Nutzung fossiler Brennstoffe zu reduzieren. Durch das ETS 1 seien Haushalte im Bereich Energie bereits mit einer CO2-Bepreisung konfrontiert. Es sei fahrlässig, dieses System nicht auf die Bereiche Gebäude und Verkehr auszuweiten, so die Expertin der EU-Kommission. Gerade der Sektor Strom zeige, wie wirkungsvoll das Emissionshandelssystem sei. Trotz höherer Kosten werde in diesem Bereich in erneuerbare Energieträger investiert. /af